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Deal im Grüne-Gewölbe-Prozess?

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Nach fast einem Jahr Prozess zeigen sich einige mutmaßliche Juwelendiebe des Grünen Gewölbes kooperationsbereit. Noch vorhandene Beutestücke wurden schon zurückgegeben – für einen Strafrabatt brechen sie ihr Schweigen zu dem Coup.

Wende im Fall des Einbruchs ins Grüne Gewölbe Dresden: Im Prozess um den spektakulären Juwelendiebstahl gibt es nach der Rückgabe von Beutestücken eine Verständigung zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht. Der sogenannte Deal betrifft fünf der sechs Angeklagten. Sie sollen für die Rückgabe des Großteils der Beute und "glaubhafte" Geständnisse eine geringere Strafe erhalten, wie der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel nach einem Gespräch mit den Beteiligten sagte. Vier von ihnen stimmten dem zu und kündigten Erklärungen für den nächsten Verhandlungstag (17. Januar) an, der fünfte will sich bis dahin entscheiden.

Höchststrafe: Sechs Jahre, neun Monate

Nach vorheriger Ankündigung soll es Haftstrafen zwischen fünf Jahren und neun Monaten sowie sechs Jahren und neun Monaten für drei Beschuldigte geben, die nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Das Strafmaß bei den anderen soll zwischen vier Jahren und drei Monaten sowie fünf Jahren nach Jugendstrafrecht liegen. Ein weiterer Angeklagter bestreitet unter Verweis auf ein Alibi in der Tatnacht eine Beteiligung an dem Einbruch.

Die Initiative zur Rückgabe noch vorhandener Beutestücke ging vom ältesten Beschuldigten aus. Der 29-Jährige habe darauf hingewirkt, dass die noch vorhandenen Beutestücke zurückgegeben werden, berichtete Ziegel zu Beginn des Verhandlungstages über die Treffen mit Staatsanwälten und/oder der Kammer. Das am 17. Dezember 2022 in der Westberliner Kanzlei seines Verteidigers ausgebreitete Konvolut war jedoch weniger umfangreich als erwartet und mehrere Stücke unvollständig. Einige davon seien wegen unsachgemäßer Lagerung und Reinigungsversuchen zur Beseitigung von Spuren beschädigt.

Gegen Auflagen auf freiem Fuß

Der in Aussicht stehende Strafrabatt wurde daraufhin nach oben korrigiert. Die Angeklagten könnten nach der Vereinbarung zudem gegen Auflagen gleich nach dem Urteilsspruch auf freien Fuß kommen. Voraussetzung dafür ist laut Ziegel, dass sie sich konkret zu Tatentschluss, -planung,- ablauf und dem Geschehen danach sowie zum jeweiligen Tatbeitrag und zur Beteiligung äußern und Nachfragen glaubhaft beantworten. Ziegel teilte darüber hinaus mit, dass die Kammer abweichend von der Anklageschrift davon ausgeht, dass die Angeklagten nicht als Mitglieder einer Bande handelten.

Ermittler der Dresdner Sonderkommission "Epaulette" – benannt nach einem der prominenten Beutestücke – fuhren dann in der Nacht zum 17. Dezember 2022 nach Berlin. Die Stücke hätten auf einem Tisch im Konferenzraum der Kanzlei gelegen, einige seien nach seinem Empfinden beschädigt gewesen, erinnerte sich ein Kriminalbeamter, der als Zeuge dabei war. Bei einer späteren molekulargenetischen Untersuchung habe man Mischspuren an dem Schmuck gefunden, die aber nicht den Beschuldigten zugeordnet werden konnten. Der Beamte erzählte auch, wonach die Polizeitaucher aus mehreren Bundesländern dann am 25. Dezember im Berliner Schifffahrtskanal im Stadtteil Neukölln vergeblich suchten: die Klinge des Degens der Diamantrosengarnitur.

Dessen diamantbesetzter Griff sei erheblich beschädigt, sagte Restauratorin Eve Begov von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Auch an anderen der wiedergewonnenen Pretiosen gebe es Deformierungen und Brüche, es seien Teile abgetrennt, fehlten Steine und befinde sich Feuchtigkeit und Rost zwischen Fassung und Steinen. Die Experten gehen davon aus, dass die Stücke nach dem Einbruch behandelt wurden.

Restaurierung kostet fast 127.000 Euro

Detailliert äußern wollte sich die Zeugin zur Bearbeitung der beschädigten Stücke nicht. Da gehe es um die Frage, wie weit man eine Restaurierung treiben wolle, das müsse im Team entschieden werden. Deformierungen werde man so rückgängig machen, dass die Stücke wieder präsentiert werden können. Eine genaue Schadensschätzung sei erst im Laufe der Arbeiten möglich. Der Aufwand zur Restaurierung der Stücke wurde nach Angaben von Begov mit 126 800 Euro beziffert. In dieser Summe seien aber nicht die fehlenden Steine enthalten.

In dem seit Ende Januar 2022 laufenden Prozess sind junge Männer zwischen 23 und 29 Jahren aus einer bekannten arabischstämmigen Berliner Großfamilie wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung angeklagt. Zwei von ihnen verbüßen derzeit eine jeweils mehrjährige Jugendstrafe wegen des Diebstahls der Goldmünze aus dem Bode-Museum Berlin 2017.

Bei dem spektakulären Kunstdiebstahl am 25. November 2019 in Dresden drangen zwei Täter über ein unbemerkt Tage zuvor präpariertes Fenster ins Residenzschloss ein, schlugen mit einer Axt Löcher in eine Vitrine und rissen heraus, was sie zu fassen bekamen. Sie zündeten zuvor unweit des Museums einen Stromkasten an - und in der Tiefgarage eines Wohnhauses ihr Fluchtauto, um Spuren zu verwischen.
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Quelle: dpa

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