Deutschland

Mordverdächtiger schon 2020 wegen Stalkings im Visier

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Gleich zwei Gewaltverbrechen innerhalb weniger Tage erschüttern die Kleinstadt Bramsche bei Osnabrück. Ein 20-Jähriger soll eine 19-Jährige in der Nähe einer Schützenhalle ermordet haben. Schweigt er weiter?

Gegen den mutmaßlichen Mörder einer 19-Jährigen Party-Besucherin aus Bramsche ist schon in der Vergangenheit wegen Stalkings ermittelt worden. Das Verfahren wegen Nachstellung sei aber 2020 nach Abschluss einer erzieherischen Maßnahme durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Osnabrück, Alexander Retemeyer, am Dienstag. Über die Stalking-Ermittlungen hatte zuvor die «Neue Osnabrücker Zeitung» berichtet. Der heute 20 Jahre alte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in der Jugendanstalt Hameln in Untersuchungshaft.

Dass der jetzt Mordverdächtige trotz der „Stalking“-Verfolgung durch die Polizei nie vor Gericht kam, sei „ein Justiz-Skandal“, sagen die Anwälte. Und: „Man hat ihn einfach laufen lassen, obwohl der Polizei klar war, dass er eine Gefährdung darstellt!“

Bei der jungen Frau, der er 2020 nachgestellt haben soll, handele es sich nicht um die getötete 19-Jährige, sagte Retemeyer. Die 19-Jährige war am frühen Sonntagmorgen schwerst verletzt auf einer Wiese in der Nähe des Schützenhauses von Bramsche-Pente gefunden worden. Im Krankenhaus wurde ihr Tod festgestellt. Die junge Frau war wie ihr mutmaßlicher Mörder zuvor Gast einer Geburtstagsparty in der Schützenhalle gewesen.

Beide sollen sich gekannt haben. «Wir wissen nicht, wann sie sich kennengelernt haben», sagte der Behördensprecher. Aufgrund der Art, wie die Leiche der jungen Frau gefunden worden war, gehen die Ermittler von einem Sexualverbrechen aus.

Der Verdächtige, der nicht vorbestraft ist, schweigt weiterhin zu den Vorwürfen, sagte der Sprecher. Die Ermittlungen würden voraussichtlich noch mehrere Monate in Anspruch nehmen. Dabei geht es unter anderem um die Auswertung von DNA-Spuren und um Zeugenbefragungen, die schon in der Nacht des Verbrechens begonnen hatten. Auch Handydaten will die Mordkommission auswerten.

Die Kleinstadt Bramsche wurde innerhalb weniger Tage von gleich zwei Verbrechen erschüttert. Bereits vor einer Woche am 1. März war ein 16-Jähriger aus Bramsche an den Folgen seiner Schussverletzungen gestorben. Ein 81 Jahre alter Nachbar hatte am Tag zuvor auf den Schüler geschossen und sich anschließend selbst verletzt. Gegen den Italiener wurde Haftbefehl wegen Mordes und versuchten Totschlags erlassen. Er soll mit der Waffe auch auf die Mutter des Jungen gezielt haben.

«Es gibt eine große Betroffenheit bei allen Menschen, mit denen man spricht», sagte Bramsches Bürgermeister Heiner Pahlmann (SPD) am Dienstag der dpa. Eine Bürgerin habe von einer «bleiernen Schwere» gesprochen, die auf allen laste. Unter anderem mit Vertretern der Kirche und Feuerwehr soll jetzt abgestimmt werden, ob es etwa eine Trauerveranstaltung oder ein öffentliches Kondolenzbuch geben soll.

In Bramsche gebe es keine besonderen Milieus, die schwierig wären, keine hohe Kriminalitätsrate, sagte der Bürgermeister. Man habe gedacht: «Hier ist norddeutsche Tiefebene. Hier ist heile Welt.»
  

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