Politik

Zweiter Durchgang - Zweite Klatsche: Wegner scheitert erneut bei Wahl

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Erstmals nach mehr als 20 Jahren will die CDU das Rote Rathaus in Berlin übernehmen. Doch der Start gerät mehr als holprig. Der designierte Regierende Bürgermeister wird in zwei Wahlgängen nicht gewählt.  

Berlin. Was für ein Drama: Der CDU-Politiker Kai Wegner ist am Donnerstag bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister von Berlin zwei Mal durchgefallen. Hintergrund ist möglicherweise der Unmut in der SPD über das neue Bündnis mit den Christdemokraten. Die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte nach einer Wahlschlappe im Februar die Koalition mit Grünen und Linken aufgekündigt und auf das Rote Rathaus verzichtet. Die SPD-Mitglieder trugen dies knapp mit - aber zunächst nicht alle Abgeordneten der neuen schwarz-roten Koalition.

Bürgermeisterwahl im Berliner Abgeordnetenhaus

Kai Wegner (CDU, M), designierter Regierende Bürgermeister, wählt im Plenarsaal vom Berliner Abgeordnetenhaus bei der Wahl des neuen Bürgermeisters. 

© Christophe Gateau/dpa
× Bürgermeisterwahl im Berliner Abgeordnetenhaus

Von den 159 Mandaten des Parlaments haben CDU und SPD zusammen 86. Im ersten Wahlgang erreichte Wegner gerade einmal 71 Ja-Stimmen - 15 weniger als das Regierungsbündnis rechnerisch hatte. Im zweiten Wahlgang war es knapper: 79 Ja-Stimmen gegen 79 Nein-Stimmen. Aber immer noch keine absolute Mehrheit von mindestens 80 Stimmen - und immer noch sehr viele Abweichler. Für Wegner und Giffey ist das ein herber Rückschlag zu Beginn ihrer gewünschten Zusammenarbeit.

Dabei gab es zwischen den Wahlgängen Krisensitzungen. Bei den Sozialdemokraten sollen sich in einer Probeabstimmung 32 Abgeordnete für Wegner ausgesprochen haben, nur zwei gegen ihn. Bei der CDU sollen sogar alle Fraktionsmitglieder für Wegner gewesen sein. Als es in geheimer Abstimmung im zweiten Wahlgang doch anders ausging, wurde die Parlamentssitzung gleich für eineinhalb Stunden unterbrochen, mutmaßlich, um alle auf Linie zu bringen.

Wegner wäre erster CDU-Berlin-Bürgermeister seit über 20 Jahren 

Schwierigkeiten bei Wegners Wahl waren vorab nicht ausgeschlossen worden - aber dass es so knüppeldick kommt? "Diese Dimension hat mich wirklich sehr überrascht, damit hätte ich nicht gerechnet", sagte der CDU-Politiker Falko Liecke. Grünen-Fraktionschef Werner Graf, künftig in der Opposition, sprach von einem "desaströsen Start" für die vorgesehene schwarz-rote Regierung und unkte gleich für die ganze restliche Legislatur: "Es ist schlecht für Berlin, weil es keine stabile Mehrheit gibt in den nächsten dreieinhalb Jahren - egal, wie der dritte Wahlgang ausgeht."

Die Ausgangslage: Weil es bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 gravierende Pannen gab, musste sie im Februar 2023 wiederholt werden. Wahlsieger wurde mit gut 28 Prozent die CDU, während die SPD der bisherigen Regierenden Bürgermeisterin Giffey auf nur wenig mehr als 18 Prozent stürzte. Rechnerisch hätte das bisherige Bündnis von SPD, Grünen und Linken weiter regieren können.

Doch Giffey wagte für den Rest der Legislaturperiode bis 2026 den Wechsel zu Schwarz-Rot, mit der SPD als Juniorpartner. Giffey hofft, dass sich ihre Partei so konsolidiert. In der SPD sehen das viele anders. Viele linke Sozialdemokraten halten Wegner vor, vor allem in der Integrations- und Migrationspolitik eine Rolle rückwärts vorzuhaben.

Als Beleg dient ihnen die Kontroverse um die Krawalle zu Silvester im Stadtbezirk Neukölln mit Angriffen auf Rettungskräfte. Wegners CDU stand in der Kritik, weil sie die Vornamen der ermittelten Straftäter abfragte, wohl in der Erwartung, dass es sich um Einwanderer handelte. Der Rassismusvorwurf von Links verhinderte Wegners Wahlsieg allerdings nicht.

Wegner ist auch in der Hauptstadt nicht allzu bekannt, geschweige denn bundesweit. Der gelernte Versicherungskaufmann wurde in Berlin-Spandau geboren. 1989 trat er in die Junge Union, die Jugendorganisation der CDU, ein. 1995 wurde er in Spandau Bezirksverordneter, 1999 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Von 2005 bis 2021 saß er für die CDU im Bundestag, ohne sehr prägnant in Erinnerung zu bleiben.

2019 wählte ihn die Berliner CDU zum Landesvorsitzenden und 2021 zum Spitzenkandidaten. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 schaffte es Wegner mit seiner Partei nur auf Platz drei. Erst die Wiederholungswahl brachte ihn auf den ersten Platz.

Wegner profitierte von einer großen Unzufriedenheit - viele Hauptstädter sind genervt, dass ihre Verwaltung nicht gut funktioniert. Dass die Wahl wegen gravierender Mängel komplett wiederholt werden musste, war für viele das i-Tüpfelchen.

Wegner sieht die Koalition mit der SPD nach eigenen Worten als Vernunftehe. Nach außen hin steht seine Partei geschlossen hinter ihm. Ein CDU-Landesparteitag billigte den Koalitionsvertrag ohne Gegenstimme. Vereinbart sind darin unter anderem ein milliardenschweres Klimaschutzprogramm, eine Reform der Verwaltung, eine bessere Ausstattung für Polizei und Feuerwehr und ein deutliches Vorankommen beim Wohnungsbau. Die Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung will Wegner zur Chefsache machen.
 

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