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Kliniken am Limit: Kinder
so krank wie nie

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Wegen der Welle von Atemwegsinfekten bei Kindern müssen kleine Patienten derzeit teilweise länger als sonst auf einen Arzttermin warten. Der Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen schlägt Alarm: Die Kinderarztpraxen seien am Limit.

«Wir bitten alle Eltern von Kinder- und Jugendliche um Verständnis, dass es in dieser Ausnahmesituation nicht in jedem Fall zeitnahe ärztliche Behandlungen gibt», sagte Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), am Montag. «Alle Kinder- und Jugendärzte arbeiten am Limit.» Eltern sollten sich fragen, ob Termine zum Beispiel für Vorsorgeuntersuchungen gegebenenfalls aufgeschoben werden könnten.

Der KVN-Chef kritisierte gleichzeitig, dass die Mediziner in der angespannten Lage viel zu viel Zeit für Bürokratie aufwenden müssten, etwa weil Schulen ein ärztliches Attest zur Bestätigung der Krankheit eines Schülers verlangten.

«Die Infektwelle ist aber nicht der eigentliche Grund für die angespannte Lage», betonte Barjenbruch. Immer weniger junge Ärztinnen und Ärzten wagten den Schritt zur Gründung oder Übernahme einer eigenen Praxis. Gleichzeitig erlebe Deutschland einen Babyboom. Im vergangenen Jahr wurden rund 770.000 Babys geboren, elf Jahre zuvor waren es noch 105.000 Geburten weniger. Die niedergelassenen Ärzte versorgten heute auch chronisch kranke Kinder - zum Beispiel mit Herzfehlern oder schweren Allergien, die früher in den Kinderkliniken behandelt wurden.

Intensivmediziner hatten kürzlich auf die «katastrophale Lage» in den Kinderkrankenhäusern aufmerksam gemacht. In den vergangenen Jahren seien Betten abgebaut worden, zudem fehlten Pflegekräfte. Kranke Kinder müssten derzeit in teils mehr als hundert Kilometer entfernte Kliniken verlegt werden.

Die medizinische Versorgung von Minderjährigen wird laut KVN immer schwieriger, vor allem in den Randlagen der Städte und auf dem Land müssten Kinder- und Jugendärzte heute schon einen Aufnahmestopp wegen Überlastung verhängen. Barjenbruch forderte die Politik erneut auf, schnell mehr Medizinstudienplätze zu schaffen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Hilfe zugesagt. Der Bundestag hat beschlossen, dass es für Kinderkliniken 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro zusätzlich geben soll. Die Krankenhäuser hoffen darauf, dass der Bund auch danach weiter helfen wird. Lauterbachs Ansatz sei ein Schritt in die richtige Richtung, teilte die Krankenhausgesellschaft mit. Dieser dürfe aber nicht auf einen Zeitraum beschränkt bleiben, sondern müsse nachhaltig werden.

 

Quelle: dpa

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