Türkei Beben

Schon mehr als 46 000 Tote gezählt

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Noch immer kämpfen sich Helfer in den Erdbebengebieten durch die Trümmerberge. Doch in der Türkei gehen die Sucharbeiten in vielen Regionen allmählich zu Ende. 

Istanbul/Damaskus. Das ganze Ausmaß der Erdbebenkatastrophe in der syrisch-türkischen Grenzregion wird erst nach und nach deutlich. Allein in Syrien seien 8,8 Millionen Menschen von den Folgen betroffen, schrieb die stellvertretende UN-Syrienbeauftragte Najat Rochdi am Sonntag - rund zwei Wochen nach den Beben - auf Twitter. «Die Mehrheit von ihnen benötigt voraussichtlich irgendeine Form von humanitärer Unterstützung». Die Zahl der gemeldeten Toten blieb am Sonntag im Vergleich zum Vortag fast unverändert. Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad zählte 40 689 Tote, das waren 47 mehr als am Vortag. In Syrien wurden bisher rund 5900 Tote im Zusammenhang mit den Beben gezählt worden. Die Zahl wird seltener aktualisiert.

Die Katastrophe hat die Region in vielerlei Hinsicht schwer getroffen. Welche Folgen sich etwa für Schüler und den Unterricht ergeben werden, ist kaum absehbar. 600 Schulen seien allein in Syrien zerstört worden, sagte Yasmine Sherif, Direktorin des UN-Fonds Education Cannot Wait (ECW), dem TV-Sender Al-Dschasira. Aus dem Fonds sollen 7 Millionen US-Dollar (etwa 6,5 Mio Euro) an Notfallzuschüssen kommen, um Kindern in Syrien auch weiterhin den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.

Einige Rettungseinsätze vor Ort, wo auch Aufräumarbeiten begonnen haben, neigten sich über das Wochenende dem Ende entgegen. So beendete etwa ein Such- und Rettungsteam aus Katar seinen zweiwöchigen Einsatz in der Südtürkei, wie die katarische Nachrichtenagentur QNA berichtete. Der türkische Katastrophenschutz Afad gab am Sonntag bekannt, dass die Sucharbeiten in neun der elf betroffenen Provinzen beendet seien. Nur in Kahramanmaras und Hatay werde weiter nach Verschütteten gesucht, sagte der Afad-Vorsitzende Yunus Sezer vor Journalisten in Ankara.

Es werde geschätzt, dass mehr als 1,2 Millionen Menschen die betroffene Region in der Türkei verlassen haben. Über eine Million Betroffene sind derzeit vorübergehend in Unterkünften untergebracht, wie Sezer sagte.

US-Außenminister Blinken wollte am Sonntag die schwer getroffene türkische Provinz Hatay besuchen und sich mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu ein Bild der Lage machen. Am türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik sollte er außerdem den Bereich besuchen, an dem Hilfsgüter für den Transport vorbereitet werden, wie das State Department mitteilte. Außerdem war eine Begegnung mit betroffenen Familien sowie mit Such- und Rettungsteams geplant. Über Incirlik kamen tonnenweise Hilfsgüter ins Land, darunter auch aus Deutschland.

In Syrien war die Lage für viele Menschen schon vor den Beben verheerend. Bombardements und Kämpfe im jahrelangen Bürgerkrieg, eine schwere Wirtschaftskrise und eine oft kaum vorhandene öffentliche Versorgung haben das Land zu einem Brennpunkt für humanitäre Helfer werden lassen. Laut UN benötigten schon vor den Erdbeben mehr als 15 Millionen Menschen irgendeine Form von Hilfe.

Und etwa zwei Wochen nach den Beben haben im Nordwesten Syriens noch immer nicht alle Menschen Nothilfe erhalten. «Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimmste noch nicht gesehen», sagte der für Syrien zuständige UN-Nothilfekoordinator, Muhannad Hadi, der dpa. Bislang seien beispielsweise etwa 60 000 Menschen mit Wasser und rund 13 000 Erdbebenopfer mit Zelten versorgt worden. Nach UN-Angaben sind derzeit aber rund 40 000 Haushalte ohne Obdach.

Bisher fuhren seit der Katastrophe mehr als 140 Lastwagen mit UN-Hilfsgütern aus der Türkei in den von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens. Dort wurden mehr als 9000 Gebäude komplett oder teilweise zerstört, wodurch mindestens 11 000 Menschen ihr Zuhause verloren. Am dringendsten benötigten die Betroffenen laut UN jetzt unter anderem Unterkünfte wie Zelte.

Trotz zwischenzeitlich anderslautender Berichte wurde am Samstag auch der vermisste Fußball-Profi Christian Atsu tot gefunden. «Wir sind in tiefer Trauer über den Verlust von Christian Atsu», schrieb der türkische Fußballverband auf Twitter. Der Ghanaer starb unter einem Hochhaus in der von den Erdstößen besonders schwer getroffenen Provinz Hatay.

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