Türkei Beben

Tragödie! Zahl der Toten auf 40.000 gestiegen

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Die Bergungsarbeiten in der Türkei und Syrien gehen weiter, auch wenn die Hoffnungen schwinden. Am Dienstagabend wurden schon 40.000 Todesopfer gezählt. Die Überlebenden benötigen dringend Hilfe, die WHO drängt auf weitere Unterstützung.

Mehr als eine Woche nach den Erdbeben mit Zehntausenden Toten hat die Weltgesundheitsorganisation WHO zu umfassender Hilfe für die Opfer im türkisch-syrischen Grenzgebiet aufgerufen. Der für Europa zuständige WHO-Regionaldirektor Hans Kluge bezeichnete das Beben als schlimmste Naturkatastrophe in der Region seit einem Jahrhundert. Der Bedarf an Hilfe sei riesig und wachse mit jeder Stunde, sagte er am Dienstag. Die Vereinten Nationen baten zugleich ihre Mitgliedstaaten um knapp 400 Millionen Dollar (372 Millionen Euro) Unterstützung angesichts der Not in Syrien. Zugleich wurde am Dienstag die Schwelle von 40.000 Toten überschritten.

26 Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen

Alleine in der Türkei liege die Zahl bei 35 418, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge. Aus Syrien wurden zuletzt 5.900 Tote gemeldet. Allein in der Türkei werden noch mehr als 13.000 Verletzte in Krankenhäusern behandelt, wie Erdogan am Abend sagte. Rund 1,6 Millionen Menschen lebten in Notunterkünften. Etwa 600.000 Menschen seien evakuiert worden oder hätten selbstständig die Region verlassen. Es sei nun an der Zeit, «die Wunden zu heilen, den Schmerz zu lindern und das, was zerstört wurde, wieder aufzubauen», sagte Erdogan.

Rund 26 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien bräuchten humanitäre Unterstützung, sagte Kluge. «Jetzt ist die Zeit für die internationale Gemeinschaft, dieselbe Großzügigkeit zu zeigen, die die Türkei im Laufe der Jahre anderen Nationen weltweit gezeigt hat.» Das Land beherberge die größte Flüchtlingsbevölkerung der Erde.

Das von der UN erbetene Geld solle «dazu beitragen, die dringend benötigte lebensrettende Hilfe für fast fünf Millionen Syrer zu sichern – einschließlich Unterkunft, Gesundheitsversorgung, Nahrung und Schutz», sagte UN-Generalsekretär António Guterres.

Hilfe in Syrien kommt weiter nur langsam an

Vor allem im Bürgerkriegsland Syrien kommt internationale Hilfe nur langsam an, was nicht zuletzt an der politischen Situation liegt. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha fuhr ein UN-Konvoi bestehend aus elf Lastwagen über den Grenzübergang Bab al-Salam aus der Türkei nach Syrien. Der Generaldirektor der Internationalen Organisation ‎für Migration, António Vitorino, erklärte auf Twitter gleichzeitig, dass Güter der Organisation über Bab al-Salam geliefert worden seien.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte zwei weitere Grenzübergänge in die Türkei freigegeben zur Verbesserung der humanitären Hilfe in den Katastrophengebieten. Bab al-Salam und Al-Ra'ee sollten für drei Monate geöffnet bleiben. Bislang war nur die Öffnung des Übergangs Bab al-Hawa von Damaskus autorisiert worden. Die Grenzübergänge liegen in Gebieten unter Kontrolle von Rebellen.

Über 200 Stunden unter Trümmern überlebt

Die Suche nach Überlebenden ging trotz schwindender Hoffnung auch am achten Tag nach dem Beben weiter. In der Südosttürkei wurden Medienberichten zufolge noch vier Menschen lebend unter den Trümmern geborgen. In der Provinz Kahramanmaras hätten Helfer am Dienstagmorgen zwei 17 und 21 Jahre alte Brüder gerettet, berichteten die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu und der Sender CNN Türk. Sie lagen demnach 198 Stunden unter den Trümmern. In der Provinz Adiyaman wurde demnach ein 18-Jähriger, der ebenfalls 198 Stunden verschüttet war, gerettet. In der Provinz Hatay wurde Anadolu zufolge eine 26 Jahre alte Frau sogar nach 201 Stunden unter den Trümmern lebend gerettet, eine 35-Jährige nach 205 Stunden. Unabhängig überprüfen ließen sich diese Angaben zunächst nicht.

Schätzungsweise eine Million Menschen hätten in der Türkei ihr Zuhause verloren, etwa 80 000 befänden sich nach Behördenangaben in Krankenhäusern, sagte der WHO-Regionaldirektor. Dies stelle eine große Belastung für das Gesundheitssystem dar - das selbst durch die Katastrophe schweren Schaden genommen habe.

1.000 Kinder aktuell ohne Familienangehörige

Am frühen Montagmorgen vor einer Woche hatte ein erstes Beben der Stärke 7,7 um 2.17 Uhr (MEZ) die Südosttürkei erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6.

Allein in der Türkei sind nach den Beben die Familienangehörigen von rund 1.000 Kindern noch nicht ermittelt worden. Familienministerin Derya Yanik sagte, 792 der Kinder würden im Krankenhaus behandelt, 201 seien in der Obhut des Ministeriums. Erst 369 hätten bislang ihren Familien zugeordnet und übergeben werden können.

Kluge forderte alle Beteiligten von der Regierung und der Zivilgesellschaft zur Zusammenarbeit auf, um die grenzüberschreitende Lieferung humanitärer Hilfe zwischen der Türkei und Syrien sowie innerhalb Syriens sicherzustellen. Die WHO zählt insgesamt mehr als 50 Länder zu ihrer Region Europa. Darunter sind neben der EU auch zahlreiche östlich davon gelegene Staaten wie die Türkei sowie mehrere zentralasiatische Länder. Auch mehrere Nichtregierungsorganisationen riefen zu mehr Hilfe auf.

Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin wurden bislang 292 Tonnen Hilfsgüter in die Türkei geflogen. 17 Flüge seien von Deutschland aus aufgebrochen, weitere seien in Planung. «Die Bundeswehr wird die humanitäre Hilfe für das Erdbebengebiet solange unterstützen, wie Transportbedarf staatlicher Stellen besteht.»

 

Quelle: dpa

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