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Putsch-Versuch: Schwere Gefechte im Sudan

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In Sudans Hauptstadt Khartum kommt es zu Schüssen und Explosionen - dann rollen Panzer durch die Straßen. Menschen sterben. Spannungen zwischen militarisierten Kräften im Land eskalieren. 

Im Sudan sind im Zuge eines Machtkampfs zwischen der Armee und einer wichtigen paramilitärischen Gruppe Gefechte in mehreren Teilen des Landes ausgebrochen. In der Hauptstadt Khartum waren seit Samstagmorgen in mehreren Stadtteilen anhaltende Schüsse und Explosionen zu hören, darunter am Flughafen und in der Nähe des Präsidentenpalasts im Norden der Stadt. Auch im Süden der Stadt schien es Kämpfe zu geben. Dort befindet sich das Hauptquartier der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF), die eigentlich in das staatliche Militär integriert werden sollte. Mindestens drei Menschen kamen in Khartum ums Leben. Medienberichten zufolge kam es auch in den Bundesstaaten White Nile und Nord-Darfur zu Kämpfen.

Kämpfe im Sudan

Rauch steigt aus einem Wohnviertel auf. In Sudans Hauptstadt Khartum sind Spannungen zwischen den Streitkräften und paramilitärischen Gruppen eskaliert.

© Marwan Ali/AP/dpa
× Kämpfe im Sudan

Die RSF erklärten, sudanesische Soldaten seien am Samstagmorgen in ihr Hauptquartier einmarschiert. RSF-Kräfte griffen Berichten und Augenzeugen zufolge den Flughafen in Khartum an. Die RSF meldeten zunächst, den Präsidentenpalast und den Flughafen unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Die sudanesische Armee widersprach dem jedoch auf Twitter. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig bestätigt werden. Die Luftwaffe griff Stützpunkte der RSF an. In Khartum waren Augenzeugen zufolge mindestens zwei Panzer im Einsatz.

Seit dem Sturz von Langzeitmachthaber Omar al-Baschir im April 2019 hat das Militär unter der Führung von General Abdel Fattah al-Burhan die Macht im Land. Armee und RSF unter Anführer Mohammed Hamdan Daglo hatten im Herbst 2021 gemeinsam erneut die Macht übernommen, in den vergangenen Monaten mehrten sich aber die Spannungen zwischen den beiden militärischen Anführern. Der Streit verzögert den von Machthaber al-Burhan versprochenen Übergang zu einer zivilen Regierung. Bei einer Eskalation wurden gewaltsame Zusammenstöße befürchtet, die in einen Bürgerkrieg münden könnten.

US-Botschafter warnt vor Eskalation

Der US-Botschafter im Sudan, John Godfrey, bestätigte auf Twitter, dass in Khartum Schüsse und Kämpfe zu hören waren. Er warnte, dass eine Eskalation der Spannungen zwischen militärischen Einheiten "extrem gefährlich" sei. Die Botschaft rief ihr Personal und US-Bürger im Sudan auf, ihre Häuser nicht zu verlassen.

Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen im Sudan, Volker Perthes, forderte eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen. Beide Seiten müssten die Sicherheit des sudanesischen Volkes gewährleisten und auf weitere Gewalt verzichten. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte ein sofortiges Ende der Gewalt. "Eine Eskalation wird die Situation nur weiter zuspitzen", warnte er über Twitter. Die Sicherheit der Bürger habe die oberste Priorität. Der italienische Außenminister Antonio Tajani rief ebenfalls zum Dialog und zur Beendigung der Gewalt auf. Er verfolge die Ereignisse genau, schrieb er auf Twitter.

Demokratische Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben 

Erst am Donnerstag hatte die sudanesische Armee vor einer Mobilisierung der RSF gewarnt. Beobachter sahen in der Mobilmachung eine Drohgebärde gegen Machthaber und Oberbefehlshaber al-Burhan. Zuletzt hatte sich Daglo überraschend für einen schnellen Übergang zu einer Zivilregierung ausgesprochen und sich damit in Opposition zu al-Burhan gestellt.

Den ursprünglichen Plänen zufolge hätte sich al-Burhan spätestens 2021 aus der Übergangsregierung zurückziehen und die Führung des Landes Zivilisten überlassen müssen. Stattdessen putschte sich das Militär erneut an die Macht und verschob demokratische Wahlen auf unbestimmte Zeit. In dieser Woche verschob das Militär die Ernennung eines neuen Premierministers und verzögerte die Machtübergabe erneut. Im dem nordostafrikanischen Staat leben rund 46 Millionen Menschen.
 

Quelle: dpa

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