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Spionage-Verdacht: Russland erlässt Haftbefehl gegen US-Journalisten

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Mehreren Medienberichten zufolge soll der US-Journalist Evan Gershkovich von den russischen Behörden verhaftet worden sein. 

Update: Ein Gericht in Moskau hat gegen den festgenommenen Korrespondenten der renommierten US-Zeitung "Wall Street Journal" Haftbefehl wegen angeblicher Spionage erlassen. Das meldete die russische Staatsagentur Tass am Donnerstag. Dem Journalisten drohen bis zu 20 Jahre Haft bei einer Verurteilung.

Ursprüngliche Meldung

Der Korrespondent, der für das "Wall Street Journal" tätig ist, wird von Russland der Spionage bezichtigt, wie der Kreml selbst laut übereinstimmenden Medienberichten bestätigt. Einer russischen Lokalzeitung zufolge sei Gershkovich seit Mittwochabend nicht mehr erreichbar gewesen. Er sei wohl vor einem Restaurant im Stadtzentrum von Jekaterinburg verhaftet worden. 

Jekaterinburg
© Getty Images / oe24
× Jekaterinburg
In dieser Stadt soll der Journalist verhaftet worden sein. 

"Beim Versuch, geheime Informationen zu erhalten, wurde der Ausländer in Jekaterinburg festgenommen", teilte der FSB demnach mit. Medien hatten zuvor berichtet, der Reporter sei verschwunden. Er hatte demnach versucht, eine Reportage über die Einstellung der Bevölkerung zu den Anwerbeversuchen der Privatarmee Wagner zu schreiben. "Das "Wall Street Journal" ist tief besorgt um die Sicherheit von Mister Gershkovich", kommentierte die Zeitung die Festnahme.

US-Amerikaner werden oft der Spionage verdächtigt 

US-Amerikaner werden immer wieder in Russland wegen Spionage verdächtigt. Das dürfte der erste Fall eines Journalisten sein, der offiziell beim russischen Außenministerium akkreditiert ist. Russland hatte zuletzt im Zuge des Ukraine-Kriegs die Gangart gegen westliche Journalisten verschärft. Die russische Opposition sprach von einer "Geiselnahme".

"Putin ist bereit, jede Methode anzuwenden, um Druck auf den Westen auszuüben", teilte das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny mit. Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit immer wieder inhaftierte russische Kriminelle in den USA durch einen Austausch mit in Moskau verurteilten Amerikanern freibekommen 

Der US-Journalist lebt bereits seit Jahren in Moskau und wird zuletzt wohl auch über die Söldnergruppe Wagner und den Krieg nachgeforscht haben. Jekaterinburg ist in den vergangenen Monaten bereits häufiger in die Schlagzeilen mit Befragungen, Bildaufnahmen oder ähnlichem an westlichen Journalisten geraten. 

Kreml hält Spionage-Verdacht für bewiesen

Die Spionagevorwürfe gegen den in Russland festgenommenen US-Journalisten Evan Gershkovich sind nach Darstellung des Kremls bewiesen. "Soweit uns bekannt ist, wurde er auf frischer Tat ertappt", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag im staatlichen Rundfunk. Der Korrespondent der renommierten Tageszeitung "Wall Street Journal" war zuvor vom russischen Geheimdienst FSB in Jekaterinburg im Ural wegen angeblicher Spionage gegen Russlands militärisch-technischen Komplex festgenommen worden. Das Gebiet Swerdlowsk um Jekaterinburg gilt als eine der Hochburgen der russischen Rüstungsindustrie.

Peskow hält Festnahme für völlig legitim 

Er hoffe nicht, dass es nun Repressionen gegen russische Journalisten in den USA gebe, sagte Peskow auf Nachfrage. "Das dürfte zumindest nicht sein, weil es in dem Fall (der Festnahme von Gershkovich) - ich wiederhole es - nicht um einen Verdacht geht, sondern darum, dass er auf frischer Tat ertappt wurde", sagte der Kremlsprecher. Zuvor hatte schon Außenamtssprecherin Maria Sacharowa den vom FSB erhobenen Vorwurf der Spionage gegen Gershkovich bestätigt und westlichen Korrespondenten allgemein vorgeworfen, unter dem Deckmantel des Journalismus gegen Russland zu spionieren.

Das "Wall Street Journal" hat derweil alle Vorwürfe gegen seinen Reporter dementiert und dessen Freilassung gefordert. "Wir sind solidarisch mit Evan und seiner Familie", teilte die Zeitung mit. Die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" nannte die Festnahme des 1991 geborenen Reporters "besorgniserregend". "Journalisten dürfen nicht zur Zielscheibe werden", forderte die Organisation. 2022 hat die russische Führung im Zuge ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine die Meinungs- und Pressefreiheit im Land noch einmal deutlich eingeschränkt.
 

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