Bei zwei Landtagswahlen hat die Union die Nase vorn und kann aller Voraussicht nach weiter den Regierungschef stellen. Die drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition erleiden Verluste. Für die FDP könnte es besonders bitter werden.
München/Wiesbaden. Bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind die Unionsparteien mit Abstand stärkste Kraft geworden. Die SPD verbucht laut den Prognosen von ARD und ZDF vom Sonntagabend bei beiden Abstimmungen Verluste, ebenso wie die Grünen. Deutlich stärker als vor fünf Jahren ist dagegen die rechte AfD. Sowohl in Bayern als auch in Hessen sackt die FDP ab: In Bayern dürfte sie den Wiedereinzug in den Landtag verpassen, in Hessen steht er auf der Kippe. Die Linke schafft es voraussichtlich in keines der Parlamente. In beiden Ländern könnten die Regierungsbündnisse ihre Arbeit fortsetzen: in München die CSU mit den Freien Wählern und in Wiesbaden die CDU mit den Grünen. Die Freien Wähler gewinnen in beiden Ländern hinzu.
CSU holt in Bayern bis 37 Prozent
In Bayern kommt die CSU von Ministerpräsident Markus Söder nach den Prognosen auf 36,5 bis 37 Prozent. Damit rutscht die Partei, die im Freistaat seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, noch unter ihr desaströses Ergebnis von 2018 (37,2 Prozent). Schon damals war sie um mehr als zehn Punkte abgestürzt. Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger verbessern sich deutlich auf 14 Prozent (2018: 11,6). Die Grünen verlieren leicht auf 15,5 bis 16 Prozent und kommen an ihr Rekordergebnis von 17,6 Prozent aus dem Jahr 2018 nicht heran. Die AfD gewinnt stark dazu auf 15 bis 16 Prozent (10,2). Die SPD erreicht dagegen nur magere 8,5 Prozent (9,7). Die FDP dürfte mit 3 Prozent den Einzug ins Parlament verpassen (5,1). Die Wahlbeteiligung wird mit 72,5 bis 76,0 angegeben, mehr als 2018 mit 72,4 Prozent.
Die CSU erhält laut den Prognosen 83 bis 85 Sitze im bayerischen Landtag. Die Freien Wähler kommen auf 31 bis 32 Sitze und die Grünen auf 35 bis 36 Mandate. Die AfD bekommt 34 bis 36 Sitze, die SPD 19 Sitze. Söder hatte sich auf die Freien Wähler als Regierungspartner festgelegt und ein Bündnis mit den Grünen kategorisch ausgeschlossen.
In Hessen steigert sich die CDU von Ministerpräsident Boris Rhein den Prognosen zufolge auf 34,5 bis 35,5 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser an der Spitze steuert mit 15 bis 16 Prozent (19,8) auf ein historisch schlechtes Ergebnis zu. Die mitregierenden Grünen von Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir verlieren ebenfalls und landen bei 15,5 Prozent (19,8). Die AfD gewinnt deutlich hinzu und kommt auf 16 bis 17 Prozent (13,1). Die FDP muss mit genau 5 Prozent bangen, noch an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Ihr Einzug in den Landtag ist unsicher. Die Linke rutscht ab auf 3,5 Prozent (6,3). Sie muss das Parlament in Wiesbaden voraussichtlich verlassen. Die Freien Wähler kommen auf 3,5 (3,0). Die Wahlbeteiligung wird mit 64,5 bis 65,5 Prozent angegeben - weniger als 2018 mit 67,3 Prozent.
Die seit fast 25 Jahren regierende CDU erhält laut den Prognosen 45 bis 52 Sitze im hessischen Landtag. Die SPD kommt auf 20 bis 23 Sitze und die Grünen auf 19 bis 23 Mandate. Die AfD bekommt 20 bis 26 Sitze, die FDP 6 bis 8. Damit wäre eine Fortsetzung der seit knapp zehn Jahren amtierenden schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine große Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.
Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP im Minus
Bei beiden Abstimmungen müssen die drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP Verluste hinnehmen - allerdings in unterschiedlichem Maß. Auch auf Bundesebene hätte das Bündnis von Kanzler Olaf Scholz (SPD) Umfragen zufolge derzeit keine Mehrheit.
In Bayern gewinnen die Freien Wähler deutlich hinzu, deren Parteichef Aiwanger Ende August mit einer Affäre um ein antisemitisches Flugblatt in die Schlagzeilen geraten war. Nach einigen Tagen bat der 52-Jährige um Entschuldigung, zugleich beklagte er aber eine politische Kampagne gegen sich. In Umfragen erlebten die Freien Wähler danach einen Höhenflug. Dieser Trend spiegelte sich auch in Hessen wider, wo die Partei ebenfalls leicht zugelegt hat.
Für bundespolitische Ambitionen von Bayerns Regierungschef Söder, von ihm selbst regelmäßig zurückgewiesen, könnte das Wahlergebnis ein Dämpfer sein - zumindest, wenn die CDU ihre Wahlen bis zur Kür des Unionskanzlerkandidaten im Herbst 2024 nicht ebenfalls in den Sand setzt. Zur Erinnerung: Früher holte die CSU regelmäßig absolute Mehrheiten, mit Edmund Stoiber an der Spitze vor 20 Jahren sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Inzwischen ist schon die 40-Prozent-Marke fast außer Reichweite geraten.
In Hessen hatte Bundesministerin Faeser klargestellt, nur dann aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln, wenn sie Ministerpräsidentin wird. Die Schlappe der hessischen Sozialdemokraten macht das nun höchst unwahrscheinlich. Auch als Bundesinnenministerin könnte Faeser jetzt angezählt sein.
Insgesamt stimmberechtigt waren in beiden Bundesländern rund 13,7 Millionen Menschen - gut ein Fünftel aller Wahlberechtigten bundesweit. Deswegen gelten die Abstimmungen als wichtiger Indikator für die bundespolitische Lage.